3.9.06

Bundesregierung ermöglicht Anfechtung von „Scheinvaterschaften“ - Lex Hass?

Pressemitteilung des Bundesministeriums der Justiz vom 29. August 2006:

"... Die Bundesregierung hat heute einen Gesetzentwurf beschlossen, der die Anfechtung von missbräuchlichen Vaterschaftsanerkennungen ermöglicht. Staatliche Behörden erhalten künftig die Befugnis, Vaterschaftsanerkennungen dann anzufechten, wenn der Anerkennung weder eine sozial-familiäre Beziehung noch eine leibliche Vaterschaft zugrunde liegt. „Das Gesetz gibt nur dann ein Anfechtungsrecht, wenn eine Vaterschaftsanerkennung ausschließlich auf Vorteile im Staatsangehörigkeits- und Ausländerrecht zielt“, stellte Bundesjustizministerin Brigitte Zypries klar. „Es geht uns nicht darum, neue Hürden für die Vaterschaftsanerkennung aufzubauen. Wir gehen vielmehr davon aus, dass Eltern bei der Beurkundung der Vaterschaft für ihr Kind in aller Regel verantwortungsbewusst handeln.“ ...

Der Regierungsentwurf wahrt das Konzept der Kindschaftsrechtsreform von 1998. Diese hat die Elternautonomie gestärkt und die Entstehung von Familien gefördert, indem sie das Zustandekommen einer wirksamen Vaterschaftsanerkennung allein an formgebundene Erklärungen des Vaters (Anerkennung) und der Mutter (Zustimmung) knüpft. Vor 1998 war im Regelfall für die Anerkennung die Zustimmung eines Amtspflegers erforderlich. Dies wurde mit Recht als eine unnötige Bevormundung der Eltern empfunden. Deshalb hat der Gesetzgeber 1998 bewusst auf Kontrollmechanismen verzichtet, weil der Anerkennende in der Regel Verantwortungsbereitschaft für das Kind zeigt. „An diesem Regelungskonzept halten wir fest. Es ermöglicht uns, nicht nur leibliche, sondern auch soziale Vaterschaften zu schützen. Nicht schützenswert sind jedoch Vaterschaften, die allein auf staatsangehörigkeits- und ausländerrechtliche Vorteile abzielen. In solchen Missbrauchsfällen soll künftig eine staatliche Stelle die Vaterschaft anfechten können“, so Zypries.

Quelle: www.bmj.bund.de

In diesem Kontext ist beispielsweise der folgenden Artikel der TAZ zu berücksichtigen:

"... Ein Mann hat sich als Vater hunderter Kinder eintragen lassen. Nun greift die Justiz ein. ...

Nun ist Schluss mit den Vaterfreuden. Jürgen Hass sitzt hinter Gittern. Zumindest vorläufig endet ein Großprojekt, das dem 56-Jährigen den Spitznamen "Superpapa" einbrachte. Der in Paraguay lebende Deutsche hat die Vaterschaft für hunderte Kinder armer Länder anerkannt. Er wolle ihnen den Zugang zu deutschen Sozialleistungen sichern, argumentiert Hass. ...

Dass Hass so viele Kinder annehmen konnte, liegt an den Besonderheiten des deutschen Rechts. Noch ist es nicht allzu schwer, Scheinvater zu werden. Es reicht, wenn der Mann das Vatersein öffentlich bekundet und die Mutter zustimmt. Zwar kann ein Notar die Beurkundung ablehnen, wenn "erkennbar unredliche Zwecke verfolgt werden". Ein nachträglicher Einspruch aber ist nicht möglich. Und eine Überprüfung, ob Vater und Kind verwandt sind, gibt es seit 1998 nicht mehr. Diese Regelung soll Männern helfen, die für ein Kind sorgen möchten, auch wenn sie es nicht selbst gezeugt haben. ..."

Quelle: www.taz.de