29.2.08

Zypries: Online-Durchsuchung in engen Grenzen möglich

"... Bundesjustizministerin Brigitte Zypries zu den Konsequenzen des Bundesverfassungsgerichtsurteils zum nordrhein-westfälischen Verfassungsschutzgesetz im Hinblick auf mögliche gesetzliche Grundlagen für eine Online-Durchsuchung von Computersystemen:

„Mit dem neuen Grundrecht auf Gewährleistung der Vertraulichkeit und Integrität informationstechnischer Systeme stärkt das Bundesverfassungsgericht die Freiheitsrechte. Ich begrüße, dass die Karlsruher Richter damit zugleich das Vertrauen von Bürgern und der Wirtschaft in die Integrität und Vertraulichkeit von Computersystemen stärken. Dies ist ausgesprochen wichtig, weil Informationstechnologie aus unserem Alltag nicht mehr wegzudenken ist. Computer sind für viele Menschen fester Bestandteil ihrer Lebensführung, sie nutzen sie als Informations- und Kommunikationsmedium, vielfach hat die Festplatte die herkömmliche Aufbewahrungsmöglichkeiten des Schreibtischs abgelöst. Bürgerinnen und Bürger, ebenso wie Unternehmen, müssen deshalb darauf vertrauen können, dass Privates und Geschäftsunterlagen grundsätzlich geschützt und heimliche Durchsuchungen von Computersystemen auch in Zukunft die absolute Ausnahme bleiben.

Das neu entwickelte Grundrecht kann - wie andere Grundrechte auch - durch Gesetz eingeschränkt werden. Dafür hat das Bundesverfassungsgericht strenge Maßstäbe formuliert, insbesondere bleibt der Kernbereich privater Lebensgestaltung umfassend geschützt.

Für den präventiven Bereich ist der Bundesinnenminister jetzt gefordert, Formulierungen für das BKA-Gesetz vorzulegen, die diesen Ansprüchen genügen. Dabei werden wir ihn unterstützen.

Für den Bereich der (repressiven) Strafverfolgung werden wir prüfen, ob es einer ergänzenden Bestimmung bedarf, um die sogenannte Quellen-TKÜ als Spezialfall der Telekommunikationsüberwachung in der Strafprozessordnung zu regeln, die eine Überwachung verschlüsselt über das Internet geführter Kommunikation ermöglicht.

Prüfen werden wir weiter, ob es einer Vorschrift in der Strafprozessordnung bedarf, um zu Strafverfolgungszwecken unter engsten Voraussetzungen eine Online-Durchsuchung von Computersystemen zu ermöglichen. Im Blick haben wir dabei Fälle, in denen erfolgreiche Ermittlungsarbeit den Zugriff auf Speichermedien zwingend erfordert. Dies kann der Fall sein, wenn es um die Aufklärung organisierter Strukturen im Terrorismusbereich geht. Geprüft werden muss in diesem Zusammenhang insbesondere, wie die Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts für die Online-Durchsuchung im präventiven Bereich für eine mögliche Regelung im Bereich der Strafverfolgung umzusetzen wären. Zudem werden wir uns intensiv mit der Frage der Verwertbarkeit von Material, das im Wege von Online-Durchsuchungen gewonnen wurde, im Strafprozess auseinandersetzen.

Ich freue mich, dass die Karlsruher Richter meine Rechtsauffassung bestätigt haben, dass bei einem mit ganz erheblichen Grundrechtseingriffen verbundenen Ermittlungsinstrument Verfahrenssicherungen auf hohem Niveau zum Schutz der Bürgerrechte eingezogen werden müssen. Eine Online-Durchsuchung darf grundsätzlich nur von einem Richter angeordnet werden, wir brauchen klare Löschungsregeln und die Möglichkeit des Betroffenen, nachträglich die Rechtmäßigkeit einer solchen Maßnahme gerichtlich überprüfen zu lassen.“

Begriffserläuterungen

Der Begriff der Online-Durchsuchung wird in der öffentlichen Diskussion für sehr verschiedene Fallkonstellationen verwendet, die teilweise rechtlich unterschiedlich zu beurteilen sind. Eine allgemeingültige Definition gibt es bislang nicht, man kann jedoch von folgender groben Unterscheidung ausgehen:

Unter Online-Durchsuchung versteht man die online erfolgende Ausleitung von solchen elektronischen Speicherinhalten, die nicht Gegenstand laufender Kommunikation sind. Hierunter fallen insbesondere zwei Fallkonstellationen:

- die Durchsuchung von Speichermedien (z. B. der Festplatte), also das Suchen in vorhandenen Datenbeständen nach dort gespeicherten Inhalten, z.B. Textdateien, Bildern, empfangenen oder gesendeten E-Mails - „Online-Durchsuchung im engeren Sinne“,

- die fortlaufende Überwachung der Datenverarbeitung am Computer einschließlich des Abgreifens aktueller Tastatureingaben (sog. Key-Logging) - „Online-Überwachung“).

Davon zu unterscheiden ist die sog. QuellenTKÜ, mittels derer beispielsweise die Telekommunikation per Internet-Telefonie an ihrer „Quelle“, dem Computersystem überwacht wird. ..."

Quelle: Pressemitteilung des BMJ vom 27.02.2008

28.2.08

IT-Grundrecht - BVerfG Urteil 1 BvR 370/07 vom 27.Februar 2008

"... Leitsätze zum Urteil des Ersten Senats des Bundesverfassungsgerichts vom 27. Februar 2008

- 1 BvR 370/07 -
- 1 BvR 595/07 -

1. Das allgemeine Persönlichkeitsrecht (Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG) umfasst das Grundrecht auf Gewährleistung der Vertraulichkeit und Integrität informationstechnischer Systeme.

2. Die heimliche Infiltration eines informationstechnischen Systems, mittels derer die Nutzung des Systems überwacht und seine Speichermedien ausgelesen werden können, ist verfassungsrechtlich nur zulässig, wenn tatsächliche Anhaltspunkte einer konkreten Gefahr für ein überragend wichtiges Rechtsgut bestehen. Überragend wichtig sind Leib, Leben und Freiheit der Person oder solche Güter der Allgemeinheit, deren Bedrohung die Grundlagen oder den Bestand des Staates oder die Grundlagen der Existenz der Menschen berührt. Die Maßnahme kann schon dann gerechtfertigt sein, wenn sich noch nicht mit hinreichender Wahrscheinlichkeit feststellen lässt, dass die Gefahr in näherer Zukunft eintritt, sofern bestimmte Tatsachen auf eine im Einzelfall durch bestimmte Personen drohende Gefahr für das überragend wichtige Rechtsgut hinweisen.

3. Die heimliche Infiltration eines informationstechnischen Systems ist grundsätzlich unter den Vorbehalt richterlicher Anordnung zu stellen. Das Gesetz, das zu einem solchen Eingriff ermächtigt, muss Vorkehrungen enthalten, um den Kernbereich privater Lebensgestaltung zu schützen.

4. Soweit eine Ermächtigung sich auf eine staatliche Maßnahme beschränkt, durch welche die Inhalte und Umstände der laufenden Telekommunikation im Rechnernetz erhoben oder darauf bezogene Daten ausgewertet werden, ist der Eingriff an Art. 10 Abs. 1 GG zu messen.

5. Verschafft der Staat sich Kenntnis von Inhalten der Internetkommunikation auf dem dafür technisch vorgesehenen Weg, so liegt darin nur dann ein Eingriff in Art. 10 Abs. 1 GG, wenn die staatliche Stelle nicht durch Kommunikationsbeteiligte zur Kenntnisnahme autorisiert ist. Nimmt der Staat im Internet öffentlich zugängliche Kommunikationsinhalte wahr oder beteiligt er sich an öffentlich zugänglichen Kommunikationsvorgängen, greift er grundsätzlich nicht in Grundrechte ein.
..."

Quelle: www.bundesverfassungsgericht.de

IT-Grundrecht - BVerfG Urteil 1 BvR 370/07 - Pressemitteilung

"... Die Verfassungsbeschwerden einer Journalistin, eines Mitglieds des Landesverbandes Nordrhein-Westfalen der Partei DIE LINKE und dreier Rechtsanwälte gegen Vorschriften des Verfassungsschutzgesetzes Nordrhein-Westfalen (vgl. Pressemitteilung Nr. 82/2007 vom 27. Juli 2007) sind, soweit sie zulässig sind, weitgehend begründet. Der Erste Senat des Bundesverfassungsgerichts hat mit Urteil vom 27. Februar 2008 die Vorschriften zur Online-Durchsuchung sowie zur Aufklärung des Internet für verfassungswidrig und nichtig erklärt. ..."

Quelle: BVerfG - Pressemitteilung Nr. 22/2008 vom 27. Februar 2008

Grundrecht auf Vertraulichkeit und Integrität informationstechnischer Systeme

"... Das Bundesverfassungsgericht hat für Online-Durchsuchungen von Computern hohe Hürden errichtet und nebenbei ein neues Grundrecht geschaffen. Die Koalition will nun rasch eine gesetzliche Grundlage schaffen. Kritiker bezweifeln, ob das angesichts der Auflagen sinnvoll ist.

Das heimliche Ausspähen der Computerfestplatte ist nur zulässig, "wenn tatsächliche Anhaltspunkte einer konkreten Gefahr für ein überragend wichtiges Rechtsgut bestehen", heißt es in dem Urteil. ..."

Quelle: www.ftd.de

20.2.08

Checklisten zur Selbstanzeige und Durchsuchung

"Aus aktuellem Anlass" bietet die Zeitschrift "Praxis Steuerstrafrecht" des IWW Institut für Wirtschaftspublizistik Verlag Steuern Recht Wirtschaft GmbH & Co. KG zwei Checklisten Selbstanzeigenberatung exklusiv und 16 wichtige Verhaltensregeln bei der Durchsuchung kostenlos als PDF-Dateien zm Herunterladen.

Quelle: IWW - Newsletter vom 19.02.2008

19.2.08

Regierung setzt bei RFID-Technologie auf Selbstverpflichtungen der Wirtschaft

"... In der Frage des Datenschutzes bei der Anwendung von RFID-Technologien will die Bundesregierung derzeit auf gesetzliche Regelungen verzichten und dem Markt die Chance zur Selbstregulierung geben, heißt es in einer Unterrichtung (16/7891). Der damit verbundene geringere Grad an Rechtssicherheit sei hinnehmbar, da RFID-Systeme im datenschutzrechtlichen Bereich noch keine kritische Verbreitung gefunden hätten und auch noch keine Missbrauchsfälle bekannt geworden seien, so die Regierung. Unter RFID (Radiofrequenz-Identifikation)-Technologie versteht man Verfahren zur kontaktlosen Identifizierung von Objekten oder Personen per Funk. Ihr Einsatz biete großes Potenzial für Wirtschaft und Verbraucher, berge aber auch datenschutzrechtliche Risiken in sich, heißt es weiter. Während sich Unternehmen Effizienzsteigerungen bei logistischen Prozessen versprechen und Verbraucher durch vereinfachte Zahlungsvorgänge und höhere Produktsicherheit profitieren könnten, warnen Datenschützer vor Risiken für das informationelle Selbstbestimmungsrecht des Einzelnen durch den Einsatz von RFID.

Derartige Risiken entstünden, so die Bundesregierung, wenn RFID zur Erhebung, Verarbeitung oder Nutzung personenbeziehbarer Daten eingesetzt werde. In diesem Falle würden die Datenschutzrechte des Bundesdatenschutzgesetzes (BDSG) gelten. Die praktische Gewährleistung dieser Vorgaben werde jedoch durch die automatische und sichtkontaktlose Art der Datenübertragung, die oftmals nicht erkennen lässt, wann, wo und in welchem Umfang ein Personenbezug entsteht, erschwert. Benötigt würden daher präventive Schutzmaßnahmen, heißt es in der Unterrichtung. Diese sollten über effektive Selbstverpflichtungen der Wirtschaft, unterstützt durch Sensibilisierungskampagnen und die Förderung datenschutzrechtlicher Technologien erreicht werden, so die Regierung. Gesetzliche Schritte wären hingegen dann näher zu prüfen, wenn präventive Schutzmaßnahmen bei der technologischen Weiterentwicklung von RFID nicht ausreichend Berücksichtigung finden sollten. ..."

Quelle: hib-Meldung vom 13.02.2008

17.2.08

Entfernungspauschale - Bundesfinanzhof gegen geringere Pendlerpauschale

"... Das höchste deutsche Steuergericht hält die Kürzung der Pendlerpauschale für verfassungswidrig. Daher werden die Richter des Bundesfinanzhofs (BFH) den Fall nun dem Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe vorlegen. ..."

Quelle: www.ftd.de (23.01.2008)

Keine Einigkeit bei Änderung des Stammzellgesetzes

"... In der Debatte über die Änderung des Stammzellgesetzes am Donnerstag werden die Abgeordneten des Bundestages insgesamt fünf Vorschläge beraten: Vier interfraktionelle Gesetzentwürfe und ein interfraktioneller Antrag fordern entweder eine Änderung, Abschaffung oder Beibehaltung der bisherigen Regelungen.

In dem Gesetzentwurf mit den meisten, nämlich 187 Unterzeichnern (16/7981) wird eine einmalige Verschiebung des Stichtages auf den 1. Mai 2007 sowie eine Begrenzung des Gesetzes auf Deutschland vorgeschlagen. Die Unterstützer dieser Initiative sehen darin den Vorteil, dass die Grundausrichtung des Gesetzes, eine Erzeugung von Embryonen zu Forschungszwecken zu verhindern, gewahrt bleibe. Es werde aber neuen wissenschaftlichen Erkenntnissen angepasst und deutsche Forscher müssten nicht mehr mit Strafe rechnen, wenn sie zwar nicht selbst mit embryonalen Stammzellen experimentierten, aber an einem internationalen Projekt teilnähmen, das solche Arbeit im Ausland einschließe. Alternativ dazu können sich die Parlamentarier auch einen "rollierenden" Stichtag, also einen sich zu bestimmten Zeiten aktualisierenden, vorstellen.

Ein zweiter Gesetzentwurf (16/7982), unterzeichnet von 104 Parlamentariern, fordert die vollständige Streichung des Stichtages und Straffreiheit für Forscher, die an internationalen Projekten mitarbeiten. Die Abgeordneten sehen die Wissenschaft derzeit durch veraltete Stammzelllinien, die durch tierische Substanzen verunreinigt seien, behindert. Die verfassungsrechtlich garantierte Forschungsfreiheit werde dadurch verletzt. Die Arbeit mit standardisierten embryonalen Stammzelllinien sei trotz jüngster Erfolge mit der so genannten Reprogrammierung von adulten Zellen notwendig, um Ergebnisse vergleichen zu können.

Der dritte Gesetzentwurf (16/7983), den bisher 52 Abgeordnete mit ihrer Unterschrift unterstützen, sieht ein Verbot der Forschung mit menschlichen embryonalen Stammzellen vor. Zur Begründung heißt es, durch die Ausnahmeregelung im Stammzellgesetz, die die Forschung an Embryonen zu medizinischen Zwecken zulasse, könne der Eindruck entstehen, wissenschaftliche Interessen hätten ein höheres Gewicht als die Achtung der Menschenwürde. Zudem seien seit Beginn der Forschung mit menschlichen embryonalen Stammzellen keine Therapien für unheilbare Krankheiten gefunden worden, was Ziel dieser Wissenschaft sei. Jüngste Forschungserfolge mit adulten Stammzellen zeigten zudem, dass embryonale Zellen nicht mehr benötigt würden.

In der vierten Initiative (16/7984) beschränken sich 67 Parlamentarier auf die Straffreiheit von Forschern, die in internationalen Verbünden arbeiten. Das 2002 beschlossene Gesetz habe bei im Ausland durchgeführten Projekten punktuell zu Unsicherheiten geführt, die nun beseitigt werden sollten.

In einem Antrag (16/7985) fordern 149 Abgeordnete, die Bundesregierung solle Forschung mit adulten Stammzellen oder solchen aus Nabelschnurblut fördern. Nabelschnurblutbanken zu Forschungszwecken und für die Therapie sollten außerdem unterstützt werden. Die Regierung soll sich zudem auf internationaler Ebene für die Forschung mit adulten Stammzellen und eine ethisch begründete Ablehnung der verbrauchenden Embryonenforschung einsetzen. ..."

Quelle: hib-Meldung vom 12.02.2008

15.2.08

1000 Euro Einstiegsgehalt für Juristen sind zu wenig

"... Ein Einstiegsgehalt von monatlich 1000 Euro brutto für junge Rechtsanwälte ist sittenwidrig. Das hat der Anwaltsgerichtshof Nordrhein-Westfalen entschieden (Az.: 2 ZU 7/07). Die Richter gaben damit der Rechtsanwaltskammer Hamm recht, die wegen einer entsprechenden Stellenanzeige ein Aufsichtsverfahren gegen den dafür zuständigen Anwalt einer mittelständischen Kanzlei geführt hat. Der Fall wirft ein Schlaglicht auf einen verbreiteten, aber meist kaschierten Missstand in der Branche. ..."

Quelle: www.faz.net

Nachtrag vom 07.03.2008: Mittlerweile ist auch der Volltext der Entscheidung online verfügbar.

5.2.08

Helau! Alaaf! Ahoi!

„... Ihre Nachricht vom 31. Januar 2008 haben wir erhalten. Auf Grund der Karnevalszeit und der damit einhergehenden Urlaubstage, werden wir die gewünschte Stellungsnahme leider nicht bis zum 04. Februar 2008 erbringen können. Wir werden den Sachverhalt direkt nach den Karnevalstagen mit den Beteiligten erörtern und Ihnen die gewünschte Stellungsnahme dann unverzüglich zusenden. Wir bitten hier um Ihr Verständnis und wünschen ein schönes Wochenende. ...“

Wie konnten wir das nur übersehen ... :-)